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The Ballad of a Star over Reading Gaol.



Diese Arbeit hängt im "Mallarmé-Raum" der Broodthaersausstellung. Der Titel ist seltsam - die ganze Arbeit ist seltsam. Hier mein Versuch, die Kontexte zu rekonstruieren.

Der Titel spielt ziemlich sicher auf ein Gedicht von Oskar Wild an: The Ballad of Reading Gaol. Bei Wikipedia findet man dazu: "The Ballad of Reading Gaol ist ein Gedicht von Oscar Wilde. Es erschien 1898 und ist Wildes letztes zu seinen Lebzeiten veröffentlichtes Werk. Wilde verarbeitete darin seine Zeit im Gefängnis von Reading, wo er zwei Jahre verbracht hatte, nachdem er 1895 wegen seiner Homosexualität zu harter Zwangsarbeit verurteilt worden war.

Auf Deutsch erschienen zahlreiche Übersetzungen und Nachdichtungen, meist unter dem Titel Die Ballade vom Zuchthaus zu Reading." Teile wurden übrigens auch vertont. Bei Youtube findet man: "Each man kills the thing he loves" gesungen von Jeanne Moreau.

Reading

"Reading" ist also der Name der Stadt, in der das Zuchthaus steht. Zugleich ist es natürlich das englische Wort für "Lektüre". Damit ergibt sich ein Bezug zu Mallarmé. Denn dieser Künstler war für die Rezeptionsästhetik eine entscheidende Figur. Für Broodthaers sogar eine Schlüsselfigur, der - wenn man das so flapsig sagen darf - mit der Auffassung Leonardos Schluss gemacht hat. Die Wörter kommen bei Mallarmé gleichsam von sich aus zum Sprechen und werden erst in der Lektüre des Lesers zum Gedicht.

Wer spricht?

Wenn man so will, ist Mallarmé einer der ersten (vorläufigen) Gewährsmänner für die Auffassung, dass die Sprache spricht. (Eine postmoderne Auffassung, die ich jedoch nicht teile - aber das nur am Rande.)

Ein Star?

Ein anderer - etwas waghalsiger - Bezugspunkt zu dem Gedicht von Mallarmé ergibt sich durch den Begriff "Stern" im Titel. Auf der letzten Seite seines Gedichtes hat Mallarmé die Wörter so angeordnet, dass sie ein Sternbild ergeben - den großen Bären. Denkbar ist jedoch auch, dass der Star over Reading Goal einfach Oskar Wild, der Literatenstar ist.

Reading

Aber warum sind einige der Buchstaben rot? Es sind genau die Buchstaben rot, die man braucht, um das Wort "Lektüre" (bzw. sein englisches Pendant) zu zusammen zu setzen und lesen. Die Farbe erlaubt mir sozusagen aus den Grundbausteinen (dem ABC) das herauszulesen, was ich gerade tue ... Damit rekonstruiert Broodthaers, wenn man so will, den Leseakt des Coup de des - und treibt ihn sogar noch auf die Spitze. Der Text präsentiert sich mir nicht einfach, ich muss ihn mir gleichsam "erarbeiten", was auch nur dank verschiedener Kon-Texte gelingt.




Nur zwei oder drei kleine Eingriffe machen die klare Ordnung fast unsichtbar ...